Nitrokombilack – Lack-Klassiker mit Comeback?
Nitrokombilack zählt zu den traditionellen Lacksystemen, die auch heute noch ihre Berechtigung haben, vor allem bei Oldtimer-Restaurationen, im Modellbau oder bei kleineren DIY-Projekten im Innenbereich. Die Kombination aus Nitrozellulose und Kunstharz sorgt für eine schnelle Trocknung, einfache Verarbeitung und einen charakteristischen Lackaufbau, der sich gut schleifen und polieren lässt.
Für moderne Fahrzeuglackierungen im Außenbereich ist Nitrokombilack heute allerdings nur noch bedingt geeignet, denn dafür fehlen ihm Witterungsbeständigkeit und langfristige Belastbarkeit. Wer jedoch gezielt ein Projekt mit überschaubaren Anforderungen plant oder authentische Ergebnisse bei klassischen Fahrzeugen erzielen möchte, findet im Nitrokombi eine bewährte Option.
Mit dem richtigen Anwendungsfall und etwas Know-how lässt sich mit Nitrokombilack auch heute noch viel rausholen.
Inhaltsverzeichnis

Was ist Nitrokombilack?
Nitrokombilack, auch als Nitrokombinationslack bezeichnet, ist ein einkomponentiger Lack auf Lösemittelbasis. Die Besonderheit liegt in seiner Zusammensetzung: Er kombiniert Nitrozellulose mit Kunstharzen. Durch diese Mischung verbindet der Lack zwei Eigenschaften, die für viele Anwendungen interessant sind: schnelle Trocknung und gute Verarbeitbarkeit, bei gleichzeitig etwas mehr Widerstandskraft als ein reiner Nitrolack sie bietet.
Nitrokombilacke werden in der Regel als Spritzlacke angeboten. Sie lassen sich mit der richtigen Düsengröße (meist 1,2 – 1,4 mm) und einem passenden Verdünner sehr fein verarbeiten. Der Lackfilm trocknet überwiegend physikalisch, das heißt durch Verdunsten der Lösemittel und ohne chemische Reaktion wie bei 2K-Lacken. Das macht sie unkompliziert, aber auch empfindlicher gegenüber Umwelteinflüssen.
Nitrokombilacke sind nicht wetterfest. Ohne zusätzlichen Schutz, zum Beispiel durch Klarlack oder regelmäßige Pflege, eignen sie sich nicht für dauerhafte Außenanwendungen. Für Innenräume, temporäre Lösungen oder klassische Lackaufbauten sind sie aber nach wie vor eine interessante Option.
Ein Blick zurück – die Geschichte des Nitrokombilacks
Entwicklung und Ursprung
Nitrokombilacke gehören zur Familie der Nitrolacke. Ihr Hauptbestandteil ist Cellulosenitrat, besser bekannt als Nitrocellulose. Die ersten Lacke auf Nitrocellulose-Basis wurden 1905 entwickelt. Ihre industrielle Bedeutung gewannen sie aber erst in den 1920er-Jahren, als sie in den USA als schnelltrocknende Autolacke aufkamen.
Durchbruch in der Automobilindustrie
Vor der Einführung von Nitrolacken war das sogenannte „Japan Black“ die gängigste Fahrzeuglackierung, allerdings mit einer Trocknungszeit von rund 48 Stunden. Farbige Lackierungen waren kaum praktikabel, da andere Systeme zu lange aushärteten oder nur schwer zu verarbeiten waren. Deshalb auch Henry Fords legendärer Satz: „Sie können ein Auto in jeder Farbe haben – solange es schwarz ist.“
Mit dem blauen Nitrolack „Duco True Blue“ brachte DuPont im Jahr 1923 einen Lack auf den Markt, der bei den 1925er Oakland-Modellen von General Motors zum Einsatz kam. Der große Vorteil: eine deutlich kürzere Trockenzeit, wodurch sich erstmals farbige Fahrzeuge in industriellem Maßstab wirtschaftlich fertigen ließen.
Diese „Schnelltrocknung“ galt im Vergleich zu damaligen Lacksystemen als revolutionär, vor allem im Handwerk und in der Großserienproduktion ohne Ofentrocknung. In heutigen Maßstäben betrachtet sind Nitrolacke eher im Mittelfeld angesiedelt: schnell staubtrocken, aber mechanisch erst nach vielen Stunden belastbar.
Rohstoffüberschüsse & technologische Sprünge
Nach dem Ersten Weltkrieg standen große Mengen an Nitrocellulose aus der Rüstungsproduktion zur Verfügung. Das beschleunigte die Verbreitung von Nitrolacken zusätzlich. Gleichzeitig verbesserten sich die verfügbaren Rohstoffe:
- Weichmacher sorgten für mehr Elastizität
- Lösemittel ermöglichten kontrollierbare Trocknungszeiten
- Synthetische Pigmente sorgten für satte Farben
Nitrokombilack – die nächste Generation
Reine Nitrolacke hatten ihre Schwächen: Sie waren wenig wetterfest, mechanisch empfindlich und mussten in vielen dünnen Schichten aufgetragen werden.
Die Antwort darauf war der Nitrokombilack, eine gezielte Weiterentwicklung. Hier wurde Nitrocellulose mit anderen Kunstharzen kombiniert, um die Eigenschaften zu verbessern.
Ein wichtiger Schritt: In den 1930er-Jahren entwickelte das Unternehmen Lechler den ersten Nitrokombilack speziell für Karosseriebetriebe. Das neue System verband:
- die schnelle Trocknung des Nitrolacks
- mit besserer Beständigkeit
- und stabileren Glanzgraden
Damit wurde der Lack auch für größere Flächen und anspruchsvollere Einsätze interessanter.
Einsatzgebiete & spätere Ablösung
Nitrolacke und Nitrokombilacke wurden vielseitig eingesetzt, nicht nur im Automobilbereich, sondern auch:
- im Möbelbau
- beim Musikinstrumentenbau
- für Metalloberflächen im Innenbereich
Sie waren beliebt, weil sie sich schnell verarbeiten und gut auf Hochglanz polieren ließen. Der Haken:
Man musste viele dünne Schichten auftragen und nachbearbeiten – aufwendig und nicht besonders widerstandsfähig.
Ab den 1950er-Jahren erhielten Nitrolacke zunehmend Konkurrenz durch neue Lacksysteme wie Kunstharzlacke (Alkyd- und Acryllacke) sowie thermoplastische Autolacke (TPA), die sich industriell durchsetzten und einige Vorteile gegenüber Nitrokombilacken boten:
- mehr Beständigkeit
- einfachere Verarbeitung
- bessere Umweltverträglichkeit
Nitrolacke wurden verdrängt und mit ihnen auch der Nitrokombilack. Übrig blieb eine Nische.
Eigenschaften – das zeichnet Nitrokombilack aus
Nitrokombilacke zählen zu den einkomponentigen Lacksystemen auf Lösemittelbasis. Sie verbinden die schnelle Trocknung klassischer Nitrolacke mit verbesserter Haftung und Flexibilität durch den Zusatz von Kunstharzen. Diese Kombination macht sie besonders für Projekte interessant, bei denen es auf einfache Verarbeitung und manuelle Nachbearbeitung ankommt.
Verarbeitung & Trocknung
Nitrokombilacke trocknen rein physikalisch durch Verdunstung der Lösemittel. Es ist keine chemische Härtung notwendig.
Typisch für diesen Lacktyp:
- kurze Ablüftzeiten zwischen den Schichten
- schneller Lackaufbau mit mehreren dünnen Spritzgängen
- Nachbearbeitung wie Schleifen oder Polieren ist frühzeitig möglich
Die tatsächliche Trockenzeit hängt von Faktoren wie Raumtemperatur, Luftbewegung, Schichtdicke und Lösemittelanteil ab. Pauschale Angaben sind daher wenig sinnvoll und im Zweifel helfen Herstellerangaben im Technischen Datenblatt weiter.
Glanzgrad & Finish
Nitrokombilacke sind in verschiedenen Glanzgraden erhältlich:
- matt
- seidenmatt
- glänzend
Die Oberfläche wirkt je nach Verarbeitung feinporig bis sehr glatt. Besonders glänzende Varianten lassen sich gut polieren. Auch Nachnebeln oder ein Zwischenschliff sind möglich.
Haftung & Elastizität
Durch den Kunstharzanteil haftet Nitrokombilack besser auf grundierten oder vorbehandelten Flächen als reiner Nitrolack. Die zusätzliche Elastizität reduziert Spannungsrisse bei leichten Verformungen oder Temperaturschwankungen.
Widerstandsfähigkeit
In Sachen Beständigkeit ist Nitrokombilack eingeschränkt:
- weder UV-stabil noch dauerhaft wetterfest
- empfindlich gegenüber Benzin, Öl, Salz und Reinigungsmitteln
- für den dauerhaften Außeneinsatz nur mit zusätzlichem Schutz (z. B. Klarlack) geeignet
Vorteile & Grenzen im Einsatz
Nitrokombilacke bringen einige praktische Vorteile mit, die sie für bestimmte Projekte besonders attraktiv machen. Gleichzeitig haben sie klare Grenzen, die du bei der Planung berücksichtigen solltest. Hier ein Überblick, worin ihre Stärken liegen und wo du lieber zu anderen Lacksystemen greifst.
Vorteile
- Einfache Verarbeitung
Keine Mischkomponenten, kein Topfzeit-Druck – aufrühren, verdünnen, spritzen. Ideal für kleinere Werkstätten oder Hobbylackierer. - Schnelle Trocknung
Gerade bei dünnschichtigem Auftrag lässt sich zügig in mehreren Durchgängen arbeiten – ohne lange Wartezeiten zwischen den Schichten. - Gute Nachbearbeitbarkeit
Ob Zwischenschliff, Nachnebeln oder Polieren: Nitrokombilacke lassen sich sehr gut bearbeiten. Fehler können punktuell ausgebessert werden, ohne die gesamte Fläche neu lackieren zu müssen. - Geeignet für Originalaufbauten
In der Oldtimer-Restauration ist der Lack historisch korrekt – etwa für Fahrzeuge aus der Vorkriegszeit bis in die 1950er-Jahre. - Flexibel im Finish
Erhältlich in verschiedenen Glanzgraden – matt, seidenmatt oder glänzend. Optisch sehr gleichmäßiges Ergebnis bei sorgfältiger Verarbeitung.
Grenzen
- Keine Witterungsbeständigkeit
Ohne zusätzlichen Schutz ist der Lack nicht dauerhaft für den Außeneinsatz geeignet. Er kreidet unter UV-Einfluss und wird schnell spröde. - Geringe chemische Resistenz
Kraftstoffe, Reinigungsmittel, Öle oder Streusalz greifen die Oberfläche an. Für den Einsatz an Alltagsfahrzeugen nicht zu empfehlen. - Nicht für stark beanspruchte Flächen
Stoß- und kratzempfindlich – etwa bei Schwellerbereichen, Ladeflächen oder stark genutzten Fahrzeugteilen nicht dauerhaft belastbar. - Lösemittelhaltig & umweltkritisch
Aufgrund des hohen Lösemittelanteils ist beim Arbeiten auf ausreichende Belüftung und persönliche Schutzausrüstung zu achten. - Eingeschränkte Kompatibilität
Kann bei Kontakt mit 2K-Lacken oder ungeeigneten Vorbehandlungen anlösen oder verlaufen – vorher unbedingt Materialverträglichkeit prüfen.
Nitrokombilack ist kein Lack für „alles“, aber ein vielseitiges Werkzeug für die richtigen Einsatzzwecke. Überall dort, wo schnelle Verarbeitung, manuelle Nacharbeit und klassische Optik gefragt sind, spielt er seine Stärken aus. Für moderne Fahrzeuglackierungen oder hochbelastete Oberflächen ist er dagegen die falsche Wahl.
Anwendung – so lackierst du mit Nitrokombilack
Nitrokombilacke lassen sich mit etwas Vorbereitung gut und kontrolliert verarbeiten, auch ohne Profi-Ausrüstung. Wichtig ist ein sauberes Arbeiten und ein Gefühl für Schichtaufbau und Trocknung. Hier zeige ich dir, wie du dabei vorgehst:
1. Untergrund richtig vorbereiten
Ein sauber vorbereiteter Untergrund ist die halbe Miete. Gerade bei Nitrokombilack, der nicht besonders „verzeihend“ ist, entscheidet die Vorarbeit über Haftung, Optik und Haltbarkeit. Hier kommt, worauf du achten musst:
Geeignete Untergründe
Nitrokombilack haftet gut auf:
- angeschliffenen Altlacken (lösungsmittelbeständig, fest haftend)
- grundiertem Metall
- gut füllerbehandeltem Kunststoff
Ungeeignet sind:
- stark kreidende Altbeschichtungen
- rohes, unbehandeltes Metall ohne Haftgrund
- Kunststoff ohne Vorbehandlung (z. B. Kunststoffprimer)
Vor dem Lackieren immer eine kleine Probefläche anlegen, das gilt besonders bei unbekannten Untergründen.
Alt- vs. Neulackierung
- Bei Altteilen: tragfähigen Lack mit Schleifvlies oder P320 – P600 anschleifen
- Bei Neuteilen oder blankem Metall: immer Haftgrund oder Füller verwenden
→ Nitrokombilack braucht einen haftvermittelnden Zwischenaufbau
Schleifen – manuell oder maschinell?
- Grobe Fehlstellen zuerst mit P180 – P240 egalisieren
- Fläche anschließend mit P320 – P600 glätten
- Kunststoff: feiner schleifen (P600+), um Strukturen zu vermeiden
- Immer gleichmäßig, ohne „Spiegeln“ oder Glanzstellen
Nicht zu glatt schleifen! Auf polierten Flächen haftet der Lack schlechter.
Grundieren – wann und womit?
Nitrokombilack braucht keinen eigenen Systemfüller, lässt sich aber gut auf folgenden Schichten verarbeiten:
- 1K-Füller auf Nitrobasis
- 2K-Epoxyfüller, wenn es um bessere Haftung und Schutz geht (nach vollständiger Durchhärtung)
- Haftgrund für Kunststoff bei problematischen Materialien
Immer auf Kompatibilität achten – Nitrokombi ist lösemittelhaltig und kann weiche Schichten anlösen.
Entfetten – der letzte (aber entscheidende) Schritt
Vor dem Lackieren:
- Staub entfernen (idealerweise antistatisch)
- Dann mit Silikonentferner oder Entfetter auf Lösemittelbasis reinigen
- Mit zwei Tüchern arbeiten: eins zum Wischen, eins zum Trocknen
- Nicht mit den Fingern auf die gereinigte Fläche fassen!
Warum so wichtig? Silikonreste oder Hautfett führen zu Kratern („Fischaugen“) und die bekommst du kaum noch sauber überlackiert.
2. Lack anmischen & vorbereiten
Nitrokombilack ist ein einkomponentiger Lack, also deutlich unkomplizierter als ein 2K-System. Trotzdem gibt’s ein paar wichtige Punkte beim Anmischen und Vorbereiten, damit du ein sauberes Spritzbild erreichst und dir später keine Probleme einfängst.
Lack gut aufrühren
Vor dem Verdünnen den Lack gründlich aufrühren:
- Pigmente und Bindemittel setzen sich mit der Zeit ab
- Rühreinsatz, Spatel oder Lacksieb verwenden
- Wichtig: keine Luftblasen einrühren
Falls du den Lack schon vorverdünnt gelagert hast, ebenfalls nochmal durchrühren.
Verdünnung – aber richtig
Nitrokombilacke werden in der Regel mit Nitroverdünnung verarbeitet. Achte auf:
- Empfehlung des Herstellers (Mischverhältnis)
- Normale oder langsame Verdünner je nach Umgebungstemperatur
Faustregel:
- Kühler Raum / kleinere Flächen → normale Verdünnung
- Warme Umgebung / größere Flächen → langsam verdunstende Verdünnung, um Spritznebel und Wolken zu vermeiden
Nicht zu viel Verdünner verwenden, denn zu dünne Mischung = Läufergefahr + ungleichmäßiger Auftrag.
Viskosität prüfen
Wenn du’s genau nehmen willst, prüfe die Spritzviskosität mit einem DIN 4 mm Auslaufbecher:
- Zielwert liegt oft zwischen 18 und 22 Sekunden (je nach Produkt)
- Alternativ: „Fadentest“ mit dem Rührstab – der Lack sollte nicht reißen, aber auch kein Wasser sein
Bei Unsicherheit lieber auf der dickeren Seite bleiben und im Zweifel auf zwei dünnere Schichten setzen.
Sieben nicht vergessen
Vor dem Einfüllen in den Becher der Lackierpistole:
- durch ein Lacksieb gießen (am besten 125 µm oder 190 µm je nach Düsengröße)
- damit keine Pigmentklumpen oder Hautpartikel in die Düse gelangen
Gerade bei älteren oder mehrfach geöffneten Dosen wichtig!
Mischvarianten bei Glanzgrad
Einige Hersteller bieten Varianten mit einstellbarem Glanzgrad (z. B. durch Zugabe von Mattierungsmittel). Dabei gilt:
- Vor dem Verdünnen Mattkomponente einrühren
- Auf gleichmäßige Verteilung achten
- Erst danach auf Endviskosität bringen
Für ein einheitliches Finish am besten immer die gleiche Mischung für alle Teile verwenden, sonst drohen Farbunterschiede oder Glanzabweichungen.
Wenn du mehrere Bauteile lackierst, lieber etwas mehr Lack auf einmal anmischen. Nachmischen kann schnell zu kleinen Ton- oder Glanzabweichungen führen.
3. Spritztechnik & Auftragsaufbau
Beim Lackieren mit Nitrokombilack kommt es weniger auf Spezialausrüstung an, wichtiger ist ein stimmiges Zusammenspiel aus Pistole, Umgebung, Lackviskosität und sauberer Arbeitstechnik. Der Lack wird klassisch mit der Fließbecherpistole verarbeitet. Eine Düse mit 1,2 bis 1,4 mm hat sich dabei bewährt, der Arbeitsdruck liegt je nach Pistole und Lack bei etwa 2 bis 2,5 bar.
Die Umgebung sollte stimmen: Ideal sind Temperaturen zwischen 18 und 25 °C bei mäßiger Luftfeuchtigkeit. Zugluft oder direkte Sonneneinstrahlung sind zu vermeiden, denn sie führen schnell zu Trocknungsfehlern oder Spritznebel. Eine gleichmäßige Belüftung ohne Luftwirbel sorgt dafür, dass sich Lösemitteldämpfe verflüchtigen, ohne das Spritzbild zu stören.
Beim Auftragen gilt: ruhige Hand, saubere Technik. Der Spritzabstand liegt bei etwa 15 bis 20 cm, die Pistole wird senkrecht zur Fläche geführt – zügig, gleichmäßig, ohne Pausen am Rand. Die Bahnen sollten sich etwa zu 50 % überlappen. So entsteht ein gleichmäßiges Spritzbild ohne Wolken oder sichtbare Übergänge.
Je nach Farbton und Deckkraft sind zwei bis vier Spritzgänge nötig. Zwischen den Schichten lässt du den Lack jeweils so lange ablüften, bis die Oberfläche sichtbar matt geworden ist, das zeigt, dass die Lösemittel ausreichend verflogen sind.
Kurzcheck für den Schichtaufbau:
- Spritzabstand: ca. 15-20 cm
- Überlappung: 50 %
- Bewegungsrhythmus: gleichmäßig, ohne „Stottern“
- Schichtanzahl: 2-4 (abhängig von Farbton)
Zu dick solltest du nicht arbeiten, denn Nitrokombilack neigt dann zu Läufern, Orangenhaut oder sogar Rissbildung beim Trocknen. Dünne, gleichmäßige Schichten bringen das bessere Ergebnis, auch optisch.
Wenn du mehrere Schichten aufbauen willst oder eine Reparaturfläche optisch eingliedern möchtest, ist ein Zwischenschliff sinnvoll. Nach vollständiger Ablüftung kannst du mit P600 – P800 (trocken) oder P1000 (nass) leicht anschleifen. Danach entstauben und entfetten und mit dem nächsten Auftrag weitermachen.
4. Trocknung & Finish
Nitrokombilacke trocknen physikalisch, das heißt, sie härten nicht durch eine chemische Reaktion aus, sondern allein durch Verdunstung der Lösemittel. Dadurch sind sie im Vergleich zu 2K-Lacken einfacher zu handhaben, aber auch empfindlicher gegenüber Umgebungseinflüssen und Verarbeitungsfehlern.
Nach dem Lackieren beginnt der Trocknungsprozess sofort. Die Oberfläche wird innerhalb kurzer Zeit staubtrocken, ist aber noch nicht mechanisch belastbar. Das dauert, abhängig von Temperatur, Luftbewegung, Schichtdicke und Verdünnung, deutlich länger. Wichtig ist: Nicht zu früh schleifen oder polieren, sonst entstehen matte Stellen oder Schlieren.
Trocknungsverlauf in drei Phasen:
- staubtrocken: sobald die Oberfläche nicht mehr klebt (nach wenigen Minuten)
- grifffest: wenn der Lack leicht berührbar ist, aber noch weich
- durchgetrocknet: erst nach mehreren Stunden bis Tagen – je nach Bedingungen
Wer Zeit hat, lässt den Lack „in Ruhe“ über Nacht trocknen. Das sorgt für eine spannungsfreie Oberfläche und reduziert das Risiko von Eindrücken oder Fingerabdrücken im Finish.
Finish: polieren, nachnebeln, schützen
Nach vollständiger Trocknung lässt sich Nitrokombilack hervorragend nachbearbeiten – das ist eine seiner großen Stärken.
Mögliche Schritte für das Finish:
- Polieren: besonders bei glänzenden Lacken sinnvoll – mit feiner Schleifpaste (ab P2000-Vorschliff) und weichem Polierpad
- Nachnebeln: wenn das Finish ungleichmäßig wirkt oder mehr Glanz gewünscht ist – sehr dünne, lösemittelreiche Schicht auftragen, um das Bild „zu schließen“
- Klarlack (optional): möglich, aber nur, wenn Materialverträglichkeit gewährleistet ist – z. B. mit 1K-Klarlacken oder entsprechendem Nitrosystem
- Pflege: matte Lacke nicht polieren – hier genügt ein sanftes Abwischen mit weichem Tuch und gegebenenfalls spezialisierte Matt-Pflegeprodukte
Wichtig zum Abschluss:
Die volle Belastbarkeit erreicht Nitrokombilack erst nach vollständiger Durchtrocknung. In dieser Phase sollte kein Wasser, keine Folie und kein Wachs auf die Fläche – sonst drohen Glanzverlust, Fleckenbildung oder Oberflächenstörungen.
5. Reinigung & Arbeitsschutz
Auch wenn Nitrokombilack einfach zu verarbeiten ist, mit Lösemitteln arbeitet man nie „nebenbei“. Saubere Werkzeuge und die richtige Schutzausrüstung sind Pflicht, nicht Kür. Hier erfährst du, wie du nach dem Lackieren richtig aufräumst und dich während der Arbeit schützt.
Reinigung der Werkzeuge
Nach dem letzten Spritzgang solltest du Lackierpistole, Becher, Rührstäbe und Lacksiebe sofort reinigen. Sobald der Lack antrocknet, wird’s mühsam, vor allem in Düsen und Kanälen. Am besten verwendest du einen geeigneten Nitroverdünner, wie du ihn auch beim Anmischen eingesetzt hast.
Reinigung in Kurzform:
- Lackreste ausgießen, Becher mit Verdünner ausspülen
- Pistole teilweise zerlegen und mit weichem Pinsel reinigen
- Düse und Nadel sorgfältig durchspülen (z. B. mit Reinigungsnadel oder -draht)
- Alle Teile gut trocknen lassen, bevor sie wieder zusammengebaut werden
Tipp: Keine aggressiven Reiniger, die Dichtungen oder Kunststoffteile angreifen könnten – lieber das passende Reinigungsmittel des Herstellers.
Persönlicher Schutz beim Lackieren
Nitrokombilack enthält flüchtige Lösemittel, die beim Versprühen in der Luft stehen und zwar nicht nur kurz. Deshalb gilt: Nie ohne Schutz lackieren, auch wenn’s „nur mal eben“ ist.
Das gehört zur Basisausrüstung:
- Atemschutzmaske mit Filter A2P3 oder Gebläseunterstützung (kein Baumarkt-Staubschutz!)
- Nitrilhandschuhe – lösemittelbeständig und reißfest
- Langärmlige Kleidung oder Overall
- Schutzbrille, wenn du mit Reiniger oder Verdünner arbeitest
- Belüftung: keine Zugluft, aber stetiger Luftaustausch im Raum – idealerweise mit Absaugung
Gerade in kleinen Garagen oder Kellerräumen darfst du die Belastung durch Lösemittel nicht unterschätzen – Kopfschmerzen, Übelkeit oder Reizungen sind ein klares Warnsignal. Dann: sofort raus, frische Luft, ggf. Arztkontakt.
Umgang mit Lackresten & Entsorgung
Lack- und Verdünnerreste gehören nicht in den Ausguss oder Hausmüll. Auch Lappen, Siebe oder getränkte Tücher sind Sonderabfall – wegen Brandgefahr und Umweltbelastung.
Was du tun kannst:
- Lackreste in gut verschlossenen Behältern sammeln
- Trockene Lackhäute (ausgespült und vollständig fest) können je nach Gemeinde im Restmüll entsorgt werden – vorher Infos bei der Entsorgungsstelle einholen
- Reinigungsflüssigkeiten regelmäßig austauschen, getrennt lagern und über den Wertstoffhof entsorgen
Sorgfalt beim Reinigen und Arbeitsschutz lohnt sich – für deine Gesundheit, dein Werkzeug und deine Werkstatt. Und du vermeidest den Frust, wenn bei der nächsten Lackierung gleich zu Beginn die Düse dicht ist.
Nitrokombilack ist kein Hochleistungsprodukt, aber ein Lack mit Eigenheiten, auf die du dich gut einstellen kannst. Wenn der Untergrund stimmt, das Material richtig vorbereitet ist und du dir beim Lackieren Zeit nimmst, bekommst du ein Ergebnis mit Charakter: sauber, gleichmäßig und gut nachbearbeitbar.
Entscheidend ist dabei nicht teures Equipment, sondern sauberes Arbeiten, ein Gefühl für Trocknung und Schichtaufbau und die nötige Portion Geduld. Dann zeigt der Nitrokombilack, warum er in bestimmten Anwendungen bis heute geschätzt wird.
Typische Fehler & wie du sie vermeidest
Nitrokombilack ist unkompliziert, aber nicht fehlerverzeihend. Wer ihn unterschätzt oder „mal eben schnell“ verarbeitet, bekommt die Quittung: Läufer, matte Stellen, Haftprobleme oder Risse. Hier sind die häufigsten Fehlerquellen und wie du sie vermeidest.
Zu dicker Auftrag
Ein zu dicker Lackauftrag ist ein Klassiker unter den Lackierfehlern, gerade bei Nitrokombilack. Wer’s eilig hat oder zu viel auf einmal spritzt, riskiert Läufer, Orangenhaut und Spannungsrisse. Dabei lässt sich das leicht vermeiden – mit etwas Geduld und dem richtigen Aufbau.
Wer zu viel auf einmal spritzt, riskiert:
- Läufer (besonders an Kanten oder Senken)
- Orangenhaut
- Rissbildung beim Trocknen (durch eingeschlossene Lösemittel)
Was tun?
- Mehrere dünne Schichten mit Ablüftzeit dazwischen
- Druck, Düsengröße und Viskosität aufeinander abstimmen
Schlechte Haftung
Wenn der Lack nicht richtig hält, liegt’s fast immer am Untergrund – nicht angeschliffen, nicht entfettet oder nicht kompatibel. Nitrokombilack verzeiht da wenig. Wer die Basics bei der Vorbereitung schleifen lässt, kriegt schnell Probleme mit Abplatzern oder Blasenbildung.
Meist liegt’s am Untergrund:
- Unzureichend angeschliffen
- Nicht entfettet
- Inkompatibler Alt- oder Grundlack
Was tun?
- Vor dem Lackieren: immer schleifen und entfetten
- Grundierung passend zum Untergrund wählen
- Probestück lackieren, besonders bei Altteilen
Mattstellen oder milchiger Schleier
Du lackierst, alles sieht gut aus, aber nach dem Trocknen wirkt die Fläche plötzlich stumpf oder milchig? Das liegt oft an zu kurzen Ablüftzeiten, kalter Umgebung oder zu hoher Luftfeuchte. Nitrokombilack reagiert da sensibel, aber mit ein paar Kniffen bekommst du das in den Griff.
treten meistens auf, wenn:
- Zu schnell übereinander gespritzt wurde
- Die Umgebung zu kalt oder zu feucht war
- Der Lack nicht ausreichend getrocknet ist
Was tun?
- Zwischen den Schichten ausreichend ablüften lassen
- Temperatur und Luftfeuchte im Blick behalten
- Gegebenenfalls mit Klarlack oder Nachnebeln glätten
Unruhige Oberfläche (Wolken, Flecken, Glanzunterschiede)
Wenn die Fläche nach dem Lackieren wolkig aussieht oder der Glanz ungleichmäßig ist, liegt das meist an der Technik – ungleichmäßiger Spritzabstand, falsche Verdünnung oder nicht richtig angerührtem Lack. Gerade bei größeren Flächen zeigt sich, wie sauber gearbeitet wurde.
Das passiert bei:
- Unsauberer Spritztechnik (z. B. ungleichmäßiger Abstand)
- Zu hoher Verdünnung oder falschem Verdünnertyp
- Mischfehlern beim Mattierungsmittel
Was tun?
- Pistolenbewegung und Abstand kontrollieren
- Immer gut durchsieben und gleichmäßig anmischen
- Größere Flächen mit Kreuzgang und Überschneidung arbeiten
Polierfehler
Polieren kann aus einem guten Lackbild ein richtig sauberes Finish machen oder alles ruinieren. Wer zu früh loslegt oder mit dem falschen Mittel arbeitet, riskiert matte Stellen, Schlieren oder Glanzverlust. Mit dem richtigen Timing und etwas Feingefühl klappt’s aber.
Überschrift
- Zu früh poliert = Schlieren, matte Stellen, Glanzverlust.
- Oder: Falsche Poliermittel greifen die Oberfläche an.
Was tun?
- Erst polieren, wenn der Lack komplett durchgetrocknet ist
- Feine Polituren, weiche Pads, geringe Drehzahl verwenden
- Matte Lacke: gar nicht polieren, nur reinigen
Viele Fehler beim Nitrokombilack entstehen nicht durch schlechtes Material, sondern durch Eile, Unwissen oder falsche Technik. Wenn du die typischen Stolperfallen kennst und sorgfältig arbeitest, vermeidest du die meisten Probleme von vornherein.
Fazit – für wen lohnt sich Nitrokombilack?
Nitrokombilack ist kein Allrounder, aber auch kein Relikt aus der Vergangenheit. Wer seine Eigenschaften kennt und richtig einsetzt, bekommt ein vielseitiges Lacksystem, das sich mit überschaubarem Aufwand verarbeiten lässt, auch ohne Hightech-Ausrüstung oder Lackierkabine.
Ideal ist der Lack für:
- bestimmte Oldtimer-Restaurationen mit originalgetreuem Lackaufbau
- Innenraumteile, Motorradtanks oder andere geschützte Bereiche
- Modellbau, Instrumentenlackierung oder temporäre Reparaturen
- DIY-Projekte, bei denen Nachbearbeitbarkeit und Verarbeitungskomfort im Vordergrund stehen
Für moderne Außenlackierungen oder stark beanspruchte Fahrzeugteile ist Nitrokombilack allerdings keine dauerhafte Lösung. Zu begrenzt ist seine Beständigkeit gegen UV, Witterung und Chemikalien.
Wenn du also ein Lackierprojekt mit Augenmaß planst, auf klassische Optik setzt oder gezielt eine manuell gut bearbeitbare Oberfläche suchst, ist Nitrokombilack eine interessante Option. Nicht für alles, aber für vieles, was Charakter hat.