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Lackierfehler Krater: Die Ursachen und Tipps zur Vermeidung

Wenn der Lack plötzlich Kreise zieht

Die letzte Schicht ist aufgetragen und der Glanz ist da. Doch dann tauchen sie auf: kleine, runde Störenfriede, die die Oberfläche aufbrechen. Diese als Krater oder Fischaugen bekannten Lackfehler sind der Albtraum jedes Lackierers. Sie sind kein Zufall und kein Materialfehler, sondern das untrügliche Zeichen, dass unsichtbare Verunreinigungen den gesamten Lackaufbau sabotieren.

Wer jetzt versucht, das Problem durch einfaches Überlackieren oder Polieren zu kaschieren, wird scheitern. Die Ursache liegt tiefer und muss an der Wurzel gepackt werden. Dieser Leitfaden geht der Sache auf den Grund: Wir zeigen dir, wo die Verursacher lauern, wie du ihnen vorbeugst und wie du eine Lackierung rettest, bei der die Krater bereits das Kommando übernommen haben.

Das Phänomen: Was sind Krater und Fischaugen?

Wenn wir von Kratern sprechen, meinen wir jene kleinen, meist kreisrunden Vertiefungen, die wie aus dem Nichts in einer frischen Lackschicht auftauchen. Sie können winzig wie Nadelstiche sein oder einen Durchmesser von mehreren Millimetern erreichen. Oft kannst du in der Mitte des Kraters einen winzigen Einschuss erkennen: Das ist der Übeltäter, die Verunreinigung, die den ganzen Ärger verursacht.

Der Begriff Fischauge beschreibt exakt das gleiche Problem und hat sich etabliert, weil die Form der Störung oft an ein Fischauge erinnert.

Diese Fehler sind besonders tückisch, denn sie können in jeder Schicht deines Lackaufbaus entstehen, von der Grundierung bis zum besonders ärgerlichen Krater im Klarlack, wo er die gesamte Arbeit zunichtemacht.

Um zu verstehen, warum das passiert, müssen wir uns zwei Begriffe ansehen: Oberflächenspannung und Oberflächenenergie. Jeder flüssige Lack hat eine eigene Oberflächenspannung, eine Kraft, die ihn dazu bringt, sich zusammenzuziehen und eine möglichst kleine Fläche zu bilden – ähnlich einer Haut. Dem gegenüber steht die Oberflächenenergie des Untergrundes, die man sich als dessen „Anziehungskraft“ auf den Lack vorstellen kann. Die goldene Regel lautet: Die Anziehungskraft der Oberfläche muss immer größer sein als die Eigenspannung des Lackes. Nur dann „gewinnt“ die Oberfläche, zieht den Lack an sich und lässt ihn zu einem glatten, geschlossenen Film verlaufen.

Genau hier kommt die Verunreinigung ins Spiel. Substanzen wie Silikon, Öl, Fett oder Wachs haben eine extrem niedrige Oberflächenenergie. Trifft dein Lack auf einen solchen winzigen Partikel, wird das physikalische Gleichgewicht gestört. Der Lack kann an dieser Stelle nicht haften. Seine eigene, höhere Oberflächenspannung zwingt ihn dazu, sich von diesem Störfaktor zurückzuziehen. Er flieht förmlich vor dem Fremdkörper und bildet dabei den typischen, scharfkantigen Ring, den wir als Krater sehen. Die Ursache liegt somit in der überwältigenden Mehrheit der Fälle in einer unsichtbaren Verunreinigung auf dem Untergrund, nicht in fehlerhaften Lackmaterial.

Die häufigsten Ursachen für Krater im Lack

Jetzt, da du das Phänomen kennst, konzentrieren wir uns auf die eigentlichen Verursacher. Die Ursache für Krater im Lack ist praktisch immer auf eine kleine Gruppe von Verunreinigungen zurückzuführen, die auf die Oberfläche gelangt sind. Die Arbeit besteht jetzt darin, diese Quellen in deinem Arbeitsumfeld zu identifizieren:

1. Silikone: Der Hauptverursacher Der mit Abstand häufigste Grund für Kraterbildung sind Silikone. Aufgrund ihrer extrem niedrigen Oberflächenenergie stoßen sie Lacke regelrecht ab. Die Schwierigkeit liegt darin, dass Silikone in vielen Werkstatt- und Pflegeprodukten enthalten sind. Typische Quellen sind Polituren, Cockpit-Sprays, Reifenpflegemittel, Scheibenreiniger und Dichtmassen. Auch in Handcremes oder Haarpflegeprodukten können sie vorkommen. Eine minimale Kontamination, übertragen durch Sprühnebel oder eine Berührung, reicht aus, um die typischen Silikonkrater im Lack zu erzeugen.

2. Öle, Fette und Wachse Direkt nach den Silikonen folgt eine Gruppe organischer Verunreinigungen. Bereits ein Fingerabdruck hinterlässt Hautfett, das einen Krater verursachen kann. Andere Quellen sind Rückstände von Korrosionsschutzölen auf Neuteilen oder unvollständig entfernte Wachse aus Schleif- oder Polierpasten. Diese Substanzen verhindern ebenfalls eine saubere Benetzung und führen zu den unerwünschten Fischaugen beim Lackieren.

3. Verunreinigte Druckluft Eine oft unterschätzte, aber kritische Fehlerquelle ist das Druckluftsystem. Wenn die Wartung der Wasser- und Ölabscheider vernachlässigt wird, kann der Kompressor feinste Öl- und Wasserpartikel in die Druckluft abgeben. Diese werden dann in der Lackierpistole mit dem Lack zerstäubt und gelangen direkt auf die Oberfläche. Das Resultat ist oft eine großflächige Kraterbildung bei der Lackierung, die schwer einzugrenzen ist.

Der Kampf gegen Krater beginnt also nicht an der Lackierpistole, sondern mit einer systematischen Suche und Vermeidung von Verunreinigungen.

Wie du Krater im Lack effektiv vermeidest

Nachdem wir die Ursachen kennen, ist der nächste Schritt klar: die konsequente Vermeidung. Die gute Nachricht ist, dass du mit sauberen Prozessen und etwas Disziplin das Risiko für Kraterbildung bei der Lackierung drastisch senken kannst. Prävention ist immer einfacher und günstiger als jede Reparatur.

Der entscheidende erste Schritt: Reinigung vor dem Schleifen

Eine der wichtigsten Regeln zuerst: Reinige und entfette die Oberfläche immer gründlich mit einem geeigneten Silikonentferner, bevor du mit dem Schleifen beginnst. Dieser Schritt verhindert, dass du vorhandene Verunreinigungen wie Fette oder Wachse tief in die Schleifriefen einarbeitest und sie so quasi im Untergrund versiegelst. Nach dem Schleifen ist selbstverständlich ein zweiter, ebenso gründlicher Reinigungsgang notwendig.

Die richtige Technik: Die Zwei-Tücher-Methode

Verwende für die Reinigung immer zwei saubere, fusselfreie Tücher. Mit dem ersten, mit Silikonentferner befeuchteten Tuch löst du die Verunreinigungen an. Mit dem zweiten, trockenen und sauberen Tuch nimmst du den gelösten Schmutz und die Reinigerreste sofort wieder auf. So verhinderst du, dass die Verunreinigungen einfach nur auf der Oberfläche verteilt werden.

Das Umfeld: Eine saubere Arbeitsumgebung

Achte darauf, dass silikonhaltige Produkte wie Polituren oder Sprays nicht in der Nähe des Lackierbereichs verwendet werden. Die Sprühnebel können sich in der Luft verteilen und auf vorbereiteten Teilen absetzen. Sensibilisiere auch dein Team dafür, auf silikonhaltige Handcremes oder ähnliches zu verzichten, bevor sie mit zu lackierenden Teilen arbeiten.

Die Ausrüstung: Wartung der Druckluftanlage

Deine Druckluft ist ein potenzieller Überträger von Störsubstanzen. Stelle sicher, dass die Wasser- und Ölabscheider deiner Anlage regelmäßig kontrolliert, entleert und gewartet werden. Ein funktionierendes Filtersystem direkt vor der Pistole ist eine zusätzliche, wichtige Absicherung.

Indem du diese vier Bereiche konsequent im Auge behältst, schaffst du eine prozesssichere Umgebung, in der Krater kaum eine Chance haben.

Was du tun kannst, wenn es schon passiert ist

Manchmal bemerkst du das Problem erst, wenn der Lack bereits trocken ist. Das ist ärgerlich, aber kein Grund zur Panik. Wichtig ist jetzt, den Fehler richtig anzugehen. Eines vorweg: Es gibt leider keine schnelle oder einfache Lösung, um Krater aus dem Lack zu entfernen. Versuche, die Stellen einfach zu überlackieren oder auszupolieren, sind zum Scheitern verurteilt.

Warum einfache Korrekturen nicht funktionieren

Der Grund, warum du Krater nicht einfach überlackieren kannst, ist simpel: Die Verunreinigung, die den Krater verursacht hat, befindet sich immer noch auf der Oberfläche. Jeder neue Lackauftrag wird an exakt derselben Stelle wieder abgestoßen. Auch das Polieren bringt dich nicht ans Ziel. Polieren ist ein abtragender Prozess, der Material entfernt. Du kannst damit aber keine Vertiefung auffüllen. Im besten Fall rundest du die Kanten des Kraters ab, was ihn vielleicht weniger auffällig, aber nicht unsichtbar macht.

Der einzig sichere Weg: Der komplette Neuaufbau

Um Silikonkrater im Lack zu entfernen und ein qualitativ hochwertiges Ergebnis zu erzielen, führt kein Weg an einem Neuaufbau der Lackierung vorbei. Das bedeutet konkret:

  1. Vollständiges Abschleifen: Du musst alle betroffenen Lackschichten im beschädigten Bereich bis auf einen sauberen und tragfähigen Untergrund abschleifen. Nur so stellst du sicher, dass die Kontamination restlos entfernt wird.
  2. Erneute, gründliche Reinigung: Nach dem Schleifen reinigst du die freigelegte Stelle extrem sorgfältig mit Silikonentferner und der Zwei-Tücher-Methode. Dieser Schritt ist entscheidend, um die ursprüngliche Ursache endgültig zu beseitigen.
  3. Sorgfältiger Neuaufbau: Erst wenn die Oberfläche vollständig sauber und vorbereitet ist, beginnst du mit dem Neuaufbau der einzelnen Lackschichten, vom Füller bis zum Klarlack.

Dieser Prozess ist aufwendig, aber es ist der einzig professionelle Weg, um den Fehler dauerhaft zu beheben und eine einwandfreie Oberfläche sicherzustellen.

Tipps & Tricks für den Lackieralltag

Neben den grundlegenden Prozessen gibt es noch ein paar Kniffe und Wissenswertes, die dir im Kampf gegen Lackkrater helfen können. Manchmal sind es die kleinen Dinge, die eine große Wirkung haben.

Staubbindetücher: Freund oder Feind?

Ein Staubbindetuch ist ein nützlicher Helfer, um die letzten Staubpartikel vor dem Lackieren zu entfernen. Aber Vorsicht: Verwende nur hochwertige Tücher und übe nur minimalen Druck aus. Billige oder zu stark getränkte Tücher können selbst klebrige Rückstände hinterlassen, die wiederum als Trennmittel wirken und zu Problemen führen können.

Der Helfer für schwierige Fälle: Anti-Silikon-Additiv

Für Situationen, in denen trotz aller Sorgfalt eine latente Kontamination vermutet wird, gibt es sogenannte Anti-Silikon-Additive. Dies ist ein spezieller Zusatz, der in geringer Dosis dem Lack beigemischt wird. Er senkt die Oberflächenspannung des Lackmaterials künstlich ab und hilft ihm so, kritische Untergründe besser zu benetzen und die Kraterbildung zu unterdrücken. Auch wenn der Einsatz eines solchen Additivs in manchen Fällen sinnvoll sein kann, sollte dein Fokus immer darauf liegen, die eigentliche Ursache der Verunreinigung zu finden und zu beseitigen.

Das Wissen um diese Details und Werkzeuge gibt dir die Sicherheit, auch schwierige Situationen souverän zu meistern.

Fazit: Dein Weg zur kraterfreien Oberfläche

Wie du siehst, sind Krater und Fischaugen im Lack keine unlösbaren Rätsel, sondern die logische Folge von Verunreinigungen auf der Oberfläche. Das Gute daran: Du hast es selbst in der Hand. Die Ursache liegt fast nie am Lackmaterial, sondern im Prozess und in der Vorbereitung. Die wichtigsten Punkte sind schnell zusammengefasst: Sauberkeit ist das oberste Gebot. Eine gründliche Reinigung, vor allem vor dem Schleifen, und eine saubere Werkstattumgebung sind die beste Versicherung gegen Lackierfehler.

Wenn doch einmal etwas schiefgeht, weißt du jetzt, dass es keine Abkürzungen gibt. Nur ein sauberer Neuaufbau führt zu einem Ergebnis, mit dem du zufrieden sein kannst. Mit dem Wissen aus diesem Leitfaden bist du gut gerüstet, um die Ursachen für Kraterbildung zu verstehen, sie aktiv zu vermeiden und im Fall der Fälle richtig zu reagieren. So steht deiner nächsten gelungenen Lackierung nichts mehr im Weg.

Weiter Lackierfehler findest du hier: Lackierfehler von A-Z: Erkennen, beheben & einfach vermeiden

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