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Schleifriefen im Lack – Leitfaden zur Vermeidung & Behebung

Wenn der Lack nach dem Lackieren feine Kratzer zeigt

Du kennst das vielleicht: Die Lackierarbeit ist abgeschlossen, der Klarlack glänzt und auf den ersten Blick sieht alles gut aus. Doch dann, unter dem richtigen Licht, entdeckst du sie: feine, unschöne Linien im Lack. Das Ärgerliche daran ist, dass sich die Oberfläche trotzdem vollkommen glatt anfühlt.

Dieses Problem, Schleifriefen im Autolack, ist ein klares Zeichen dafür, dass bei der Vorbereitung der Lackierung etwas nicht optimal gelaufen ist. Die Tücke dabei ist, dass die Riefen oft erst nach dem Lackieren des Decklacks vollständig in Erscheinung treten.

In diesem Artikel führen wir dich durch die Thematik. Du erfährst, wie diese unschönen Kratzer entstehen, wie du sie von Anfang an vermeiden kannst und was zu tun ist, wenn sie bereits sichtbar sind.

Was sind Schleifriefen und wie erkennst du sie?

Schleifriefen sind feine Kratzer, die während der Schleifarbeiten am Untergrund, also auf der Spachtelmasse oder dem Füller, entstehen. Das Tückische an ihnen ist, dass sie direkt nach dem Füllerauftrag oft noch nicht sichtbar sind. Erst wenn der Decklack und der Klarlack aufgetragen sind und durchtrocknen, fallen die Lackschichten in diese feinen Rillen ein. Dieser Prozess wird auch als „Nachsacken“ oder „Beifallen“ des Lackes bezeichnet.

Genau aus diesem Grund spricht man oft von Schleifriefen unter dem Klarlack. Obwohl die Oberfläche frisch lackiert ist und sich glatt anfühlt, werden die Kratzer aus den darunterliegenden Schichten sichtbar.

Um Schleifriefen zu erkennen, musst du die lackierte Fläche bei gutem Licht, am besten bei seitlichem Lichteinfall, genau betrachten. Sie zeigen sich als feine, oft parallele Linien oder kreisförmige Spuren (je nach Schleifbewegung), die dem Muster des Schleifens folgen.

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Lass uns im nächsten Abschnitt genauer betrachten, wie es zu diesen Riefen kommt.

Die häufigsten Ursachen für Schleifriefen

Die Entstehung von Schleifriefen ist fast immer auf Fehler im Schleifprozess zurückzuführen. Die Tiefe der Riefen, die ein Schleifmittel hinterlässt, muss immer zur Füllkraft der nachfolgenden Lackschicht passen. Die häufigsten Ursachen sind:

  • Zu grobes Schleifpapier: Der häufigste Fehler ist die Verwendung einer zu groben Körnung direkt vor dem Füllerauftrag. Wenn du zum Beispiel Spachtel mit P80 oder P120 schleifst und danach direkt den Füller aufträgst, kann dessen Schichtdicke die tiefen Riefen nicht vollständig auffüllen. Das Gleiche gilt, wenn du den Füller mit einer falschen Schleifkörnung bearbeitest, bevor der Basislack folgt.
  • Fehlende Abstufung der Schleifkörnung: Ein weiterer kritischer Punkt ist das Überspringen von Schleifstufen. Jeder Schleifgang muss die Kratzer des vorherigen, gröberen Schleifpapiers vollständig entfernen. Wenn du zum Beispiel von P120 direkt auf P320 springst, kann die P320er Körnung die tiefen Riefen der P120 nicht restlos beseitigen. Eine korrekte Abstufung beim Schleifen ist daher unerlässlich.
  • Ungenügende Materialtrocknung: Werden die Trocknungszeiten von Spachtel oder Füller nicht eingehalten, ist das Material noch zu weich. Beim anschließenden Schleifen können die Schleifkörner tiefer in die Oberfläche eindringen als beabsichtigt, was ebenfalls zu tiefen Riefen führt.

Glücklicherweise lassen sich all diese Ursachen mit einer sorgfältigen Arbeitsweise in den Griff bekommen. Wie genau du Schleifriefen vermeiden kannst, schauen wir uns jetzt an.

So vermeidest du Schleifriefen von Anfang an

Die gute Nachricht ist: Schleifriefen sind absolut vermeidbar. Mit der richtigen Technik und etwas Geduld sorgst du für eine saubere Lackvorbereitung. Hier sind die entscheidenden Punkte, um Schleifriefen zu vermeiden:

  • Die richtige Abstufung beim Schleifen: Halte dich strikt an die empfohlene Abstufung des Schleifpapiers für den Autolack. Eine bewährte Faustregel ist, niemals mehr als 100er Schritte in der Körnung zu überspringen (z.B. von P120 auf P220, nicht direkt auf P320). Jeder Schleifgang dient dazu, die Riefen des vorherigen, gröberen Papiers zu eliminieren. Nur so stellst du sicher, dass die Kratzer immer feiner werden und am Ende von der Füllerschicht abgedeckt werden können.
  • Kontrollpulver verwenden: Dies ist einer der wichtigsten professionellen Tipps! Nach jedem Schleifgang solltest du Kontrollpulver, auch Kontrollschwarz genannt, auf die bearbeitete Fläche auftragen. Dieses feine Pulver setzt sich in den tiefsten Schleifriefen ab. Wenn du nun mit der nächstfeineren Körnung schleifst, siehst du genau, wann alle dunklen Stellen (also die alten, tieferen Riefen) verschwunden sind. Erst dann ist die Fläche bereit für den nächsten Schritt.
  • Trocknungszeiten einhalten: Gib dem Material Zeit. Spachtel und Füller müssen vollständig durchgehärtet sein, bevor du mit dem Schleifen beginnst. Beachte hierzu immer die technischen Datenblätter der Hersteller. Zu früh geschliffenes Material ist weicher und neigt dazu, tiefere Riefen zu bilden.
  • Ausreichend Füller auftragen: Spare nicht an der Füllerschicht. Sie hat die Aufgabe, die letzten feinen Schleifriefen vom Untergrund zu füllen und eine glatte Basis für den Decklack zu schaffen. Eine zu dünne Schicht kann diese Aufgabe nicht erfüllen.

Wenn du diese Punkte beachtest, schaffst du die Grundlage für ein hochwertiges Lackierergebnis. Doch was, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist und die Riefen im frischen Lack sichtbar sind? Im nächsten Kapitel zeigen wir dir, wie du den Lack noch retten kannst.

Schleifriefen im Lack? So rettest du das Ergebnis

Nun zum ärgerlichsten Szenario: Du hast alles lackiert, der Lack ist trocken und bei der Endkontrolle siehst du die verräterischen Riefen. Der erste Impuls ist oft, zum Polierteller zu greifen. Doch hier müssen wir dich enttäuschen: Einfaches Polieren ist bei diesem Problem leider wirkungslos.

Stell dir die Schleifriefen wie kleine Gräben im Füller vor. Der Basislack und der Klarlack legen sich darüber wie eine dünne Decke, die in diese Gräben „einfällt“. Du siehst die Struktur der Riefen also durch den Klarlack hindurch. Mit einer Politur bearbeitest du aber nur die Oberfläche dieser Decke, ohne die Gräben darunter aufzufüllen.

Um die Schleifriefen fachgerecht zu entfernen, führt kein Weg an einem erneuten, teilweisen Lackaufbau vorbei. Es ist aufwendig, aber es ist die einzige Methode für ein Ergebnis, mit dem du zufrieden sein wirst. So gehst du Schritt für Schritt vor:

  1. Vollständige Aushärtung und Vorbereitung: Stelle absolut sicher, dass der Lack komplett durchgehärtet ist. Beachte hierfür die technischen Datenblätter des Lackherstellers. Ein zu frischer Lack lässt sich nicht sauber schleifen. Reinige die betroffene Stelle gründlich und klebe die umliegenden Bereiche sorgfältig ab, um sie zu schützen.
  2. Der gezielte Abschliff: Jetzt muss der Lackaufbau bis zur fehlerhaften Schicht abgetragen werden.
    • Beginne mit einem feinen Nassschleifpapier (eine Körnung um P800 ist oft ein guter Start) und einem Schleifklotz, um den Druck gleichmäßig zu verteilen.
    • Tipp: Nutze auch hier Kontrollpulver! Reibe es auf die angeschliffene Stelle. Solange sich Pulver in den Vertiefungen befindet, sind die alten Riefen noch vorhanden. Schleife so lange, bis eine homogene, riefenfreie Fläche entsteht.
    • Achte darauf, die Ränder der Schleifstelle sanft auslaufen zu lassen („ausfedern“), um einen weichen Übergang für die spätere Lackierung zu schaffen.
  3. Reinigen und Lackier-Vorbereitung: Sobald alle Riefen entfernt sind, reinigst du die gesamte Fläche extrem gründlich mit Silikonentferner. Jeder noch so kleine Schleifstaubrest kann zu neuen Fehlern führen.
  4. Der neue Lackaufbau: Nun lackierst du die reparierte Stelle neu. Trage zuerst den Basislack in dünnen, gleichmäßigen Schichten auf und lasse ihn gut ablüften. Anschließend versiegelst du die Fläche mit Klarlack.

Dieser Prozess kostet Zeit und Nerven, aber das schleifriefenfreie Resultat ist es Wert. Die aufwendige Reparatur dieser Laxkierfehlers unterstreicht, warum die im vorherigen Kapitel beschriebene Prävention so unglaublich wichtig ist. Damit dir solche Fehler in Zukunft noch seltener unterlaufen, haben wir im nächsten Abschnitt ein paar zusätzliche Tipps und Tricks für dich zusammengefasst.

Zusätzliche Tipps & Tricks für ein sauberes Finish

Neben den grundlegenden Arbeitsschritten gibt es ein paar Kniffe, die dir helfen, dein Ergebnis auf das nächste Level zu heben und typische Fehlerquellen auszuschließen.

  • Arbeite mit gutem Licht: Das A und O bei Schleifarbeiten ist eine hervorragende Ausleuchtung. Nutze eine mobile Kontrollleuchte und betrachte die zu schleifende Fläche immer wieder aus verschiedenen Winkeln. Nur so kannst du sicherstellen, dass wirklich alle Riefen des vorherigen Schleifgangs entfernt wurden, bevor du zur nächsten Körnung wechselst.
  • Der Fühl-Test reicht nicht aus: Eine häufige Fehlerquelle ist der Trugschluss: „Es fühlt sich glatt an, also muss es gut sein.“ Dein Fingerspitzengefühl kann dich hier täuschen. Selbst wenn sich der Lack glatt anfühlt, können noch feine Kratzer vorhanden sein, die nach dem Lackieren sichtbar werden. Verlasse dich also niemals nur auf deine Hände, sondern immer auf die visuelle Kontrolle mit Kontrollpulver und gutem Licht.
  • Sauberkeit zwischen den Schritten: Reinige die Oberfläche nach jedem einzelnen Schleifgang gründlich mit einem Staubbindetuch. So verhinderst du, dass sich ein übriges Schleifkorn vom gröberen Papier löst und dir im nächsten, feineren Schleifgang neue, tiefere Kratzer in die Oberfläche zieht.
  • Das richtige Werkzeug für die Form: Nutze für große, ebene Flächen immer einen harten Schleifklotz, um die Fläche gerade zu bekommen. Für Rundungen und Konturen solltest du hingegen ein weiches Interface-Pad zwischen Klotz und Schleifpapier verwenden. Das Pad passt sich der Form an und verhindert, dass du an den Kanten durchschleifst.

Mit diesen zusätzlichen Hinweisen im Hinterkopf bist du bestens gerüstet.

Fazit: Der Weg zur riefenfreien Lackierung

Wie du siehst, ist das Thema Schleifriefen komplex, aber keinesfalls unbezwingbar. Die entscheidende Erkenntnis ist, dass dieser Lackierfehler fast immer auf Fehler in der Vorbereitung zurückzuführen ist. Er entsteht nicht zufällig, sondern ist die direkte Konsequenz von Prozessfehlern.

Der Schlüssel zu einer riefenfreien Oberfläche liegt in einer disziplinierten und sorgfältigen Arbeitsweise. Halte dich an die richtige Abstufung der Schleifpapiere, nimm dir die Zeit, jeden Schleifgang sauber auszuführen und überspringe keine Schritte. Der Einsatz von Kontrollpulver ist dabei keine Option, sondern ein unverzichtbares Hilfsmittel, das dir Sicherheit gibt.

Sollte es doch einmal passieren, weißt du nun, dass nur ein erneuter Lackaufbau zum Ziel führt. Betrachte es als Lernprozess. Mit jeder Lackierung wächst deine Erfahrung und dein Auge für Details wird geschärft. Mit Geduld, dem richtigen Material und der hier beschriebenen Vorgehensweise wirst du Schleifriefen in Zukunft erfolgreich vermeiden.

Weiter Lackierfehler findest du hier: Lackierfehler von A-Z: Erkennen, beheben & einfach vermeiden

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